Klasse für Performative Praxis
Inhalt
Die Fachgruppe Kunst der ABK Stuttgart erweitert ihr Angebot um die neue Fachklasse für Performative Praxis. Diese wird gemeinsam von Prof. Dr. Cristina Gómez Barrio und Prof. Wolfgang Mayer geleitet.
Die Klasse bietet Studierenden der Studiengänge Bildende Kunst und Künstlerisches Lehramt einen praktischen und theoretischen Rahmen für die Auseinandersetzung mit Kunst in ihren verschiedenen Kontexten – historisch, sozial und intellektuell. Studierende der Studiengänge Bildende Kunst und Künstlerisches Lehramt haben durch diese Erweiterung die Möglichkeit, sich vertiefend mit performativen Ansätzen auseinanderzusetzen und ihre künstlerische Praxis zu erweitern. Dabei bilden feministische, queere und dekoloniale Perspektiven einen zentralen theoretisch und ästhetischen Bezugspunkt für die gemeinsame Arbeit.
Das Angebot richtet sich an Künstler*innen, die eine eigene, körperlich verankerte Bildpraxis entwickeln und vertiefen möchten. Gleichzeitig steht die theoretische Kontextualisierung und das Verstehen der eigenen künstlerischen Arbeit im Fokus. Die Klasse für Performative Praxis versteht sich als Werkzeug zur Förderung kritischen Denkens und zur Anregung tiefgreifender Diskussionen. Sie bietet einen Raum, um den Status quo im Kunstfeld zu erforschen und zu hinterfragen.
Interessierte Studierende können sich ab sofort für die Aufnahme in die Fachklasse bewerben.
Performative Praxis
“Perform and stink“
(Crispi Turlington in an interview with Flawless Sabrina, 2003)
In der Fachklasse treffen Körper, Bild und Sprache / Text aufeinander – nicht als feste Formate, sondern als Materialien die Situationen und Zuschauerschaft erzeugen. Ausgangspunkt ist der Körper als Ort der Geste, der sozialen Handlung, der Erinnerung. Performance wird verstanden als ein Prozess der Produktion (performativ) und nicht als ein Mechanismus des Ausdrucks (persönlich).
Die Fachklasse Performative Praxis steht in einer Tradition der bildenden Künste: Im Fokus steht eine Praxis, die das Bildliche nicht isoliert, sondern im Zusammenhang mit Zeit, Nähe und Materialität begreift. Eine Einladung, das Bild zu befragen – nicht als Objekt, sondern als Handlung.
Bilder im Verschwinden.
Bilder in der Reproduktion.
Bildkonzepte.
Bildannahmen.
Bildanschauungen.
Bildgebungen.
Bildperspektiven
Der Körper als Bühne, als Buch, als Leinwand.
Der Körper als Ort der Erscheinung von Geschichte.
Der Körper als Gefäß und Medium von Narrationen.
Der Körper, ausführend und umgeben von Zeichen wie Geister ein Grab umschwirren.
Die Körper, die Freiheit fordern und produzieren.
Performative Praxis durchdrungen vom historischen Erbe körperlicher Markierungen als sozialen Insignien, die die Lebenden, diejenigen von uns, die immer noch Körper tragen und immer wieder versuchen, sich umzudrehen, heimsuchen und durchsieben.
“If it doesn’t make you nervous it’s not worth doing it”
(Flawless Sabrina in an interview with Crispi Turlington, 2003)
Die Fachklasse versteht sich als Raum für künstlerisches Denken in Bewegung.
Ein Denken das improvisiert, offen und poetisch ist.
Ein Denken das die Poetiken des Performativen erforscht.
Poetiken des Experimentierens nicht perfekter Körper.
Poetiken des Unfertigen.
Die Fachklasse begreift künstlerisches Arbeiten als prozessorientierte, forschende Praxis. Zeichnungen, Spuren, Notationen und andere visuelle Formate werden dabei nicht als abgeschlossene Werke, sondern als Reste und Zeugnisse von Handlung, Erinnerung und performativer Verdichtung verstanden.
Die Lehre orientiert sich an offenen, kollaborativen und transdisziplinären Formaten. Sie schafft Räume für experimentelle Bildfindung, kritische Reflexion und individuelle Entwicklung.
Die Lehre sucht das Kollektive und das Kollaborative ohne das Individuelle aufzugeben.
Künstlerische Prozesse werden nicht auf Ergebnisse hin ausgerichtet, sondern als denkende, sprechende und sichtbar werdende Praxis verstanden.
Künstlerische Praxis nicht als bloße Produktion formalisierter Werke, sondern als ein offener, verkörperter Denkprozess.
Künstlerische Praxis mit dem Körper als aktives Medium ästhetischer Erkenntnisse.
Ziel ist es, neue Formen bildlicher Sprache zu erproben – am Rande oder Inmitten von Materialität, Sichtbarkeit, Verkörperung, Klang, Zeitlichkeit, Insistenz und Position.
“Talent is insignificant. I know a lot of talented ruins. Beyond talent lie all the usual words: discipline, love, luck, but, most of all, endurance.”
(James Baldwin in an interview with Jordan Elgraby, 1984)
„Cristina Gómez Barrio and Wolfgang Mayer have been the home, the care, the bones, the soul of one of the most beautiful collaborative forces in the arts since 1998. It is difficult to summarize what they are, what they do, and yet so easy: they are exuberant and allow energies to flourish. It seems easy and yet control is these flays the nickname of art. So, to lose control and gain grace is a miracle, to lose control and gain common ground is a political action. Check their work if you don’t know them yet.”
(Chus Martinez, Februar 2020)